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DriesDepoorter.key

Influencer*in – ein Traumberuf für viele Teenies. Dazu gehören Followers sammeln, was einem Wert seiner selbst quantifizieren gleichkommt; Objekte bewerben und kontinuierlich beispielsweise auf dem Instagram Profil nachsehen, wie viele Menschen die eigenen Stories bereits betrachtet haben; Interaktionen beobachten, die es gab in den vergangenen sieben Tagen und überlegen, wann am besten der nächste Post veröffentlicht wird, damit maximal viele Followers erreicht werden. Followers sind eine Währungen von Social Media. Der Wert von vielen Followern ist Bestätigung, von Freund*innen und Fremden (oder nur virtuell existierenden Figuren), und potenziell das eine oder andere Goodie, respektive ein Auftrag, Werbung für ein Unternehmen zu machen.

Hat man jedoch das Gefühl, der eigene Account ist zu wenig Wert, gibt es eine perfekte Lösung: Die “Get Popular Vending Machine”. Mit nur etwas Glück kann man bei einem der dort erhältlichen Rubbellose bis zu 25’000 neue Followers gewinnen. Und es ist sehr simpel: Bei einem Verkaufsautomaten können rund um die Uhr die Rubbellose gekauft und das Glück versucht werden. Genau das Glück, das oft auch gebraucht wird, um auf social Media entdeckt zu werden.

Short Life

Diese Maschine ist eine Arbeit des belgischen Künstlers Dries Depoorter. Mit dieser und seinen weiteren humorvollen Arbeiten macht er die heutigen technologischen Phänomene direkt spürbar. Er setzt sich gern mit den weniger schönen Momenten unserer digitalen Abhängigkeit auseinander. Bevor er zur Kunstschule ging, studierte er sechs Jahre lang Elektrotechnik, was sich in seinen Arbeiten deutlich zeigt. Seine Werke drehen sich hauptsächlich um Themen wie Privatsphäre, Soziale Medien, Künstliche Intelligenz und Überwachung.

Um Fake Followers herum gibt es eine ganze Industrie. Nicht grundlos, sie sind für baldige Influencer*innen eine gute Investition. Denn mit vielen Followern – ob fake oder echt – werden weitere Followers angelockt. Die Mehrheit hat vielfach Recht und so sind eine hohe Anzahl Gefolgsleuten ein gutes Indiz dafür, dass man selber dieser Person auch folgen sollte. Für soziale Netzwerke wie Instagram werden solche Fakeprofile allerdings als Problem angesehen und immer wieder gibt es Säuberungsaktionen. Denn sobald soziale Netzwerke mit nicht existierenden Menschen gefüllt werden, verlieren sie schnell an Wert.

Auf sozialen Medien ist man abhängig von Anerkennung. Im allgemeinen Umgang mit den Geräten, die den Zugriff auf die sozialen Medien ermöglichen, macht einem eher der Akku des Gerätes zu schaffen. Denn sobald der Akku leer ist, fällt auch die Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeit weg. Dies führt zu einer Art von unerreichbar sein, plötzlich abgeschnitten sein von der weiten Welt und es bleibt nicht viel mehr übrig als sich mit dem zufrieden geben, was die unmittelbare Nähe zu bieten hat. Um den Übertritt in diesen Zustand zu versüssen, hat Dries Depoorter eine kleine App geschaffen, womit die letzten Minuten vor dem virtuellen vorübergehenden Tod noch richtig ausgekostet werden können: «Die with me». Die Chat-App lässt sich nur starten, wenn das Gerät weniger als 5% Akku hat und sie ermöglicht, dass man mit anderen Menschen, welche gerade in derselben Situation stecken, die letzten Minuten verbringen kann. Dabei stellt sich die Frage, ob der bald leere Akku nun eine Befreiung ist oder ob panikerfüllt die letzten Minuten Verbindung zur restlichen Welt noch genossen werden müssen. Die App zeigt und macht erfahrbar was geschieht, wenn eine Ressource plötzlich knapp wird. Entweder das knappe Gut noch maximal nutzen, da es nicht mehr lange verfügbar ist, oder möglichst sparsam die letzten Minuten noch in die Länge ziehen und das Potenzial aufrecht erhalten. Dies sind zwei verbreitete Strategien.

Get Popular Vending Machine

So oder so ist es ein Zelebrieren des letzten Momentes. Wenn die Idee dieser Arbeit von Dries Depoorter weiter gedacht wird, können auch Parallelen zum “Lebensakku” gezogen werden. Ein Handy lässt sich zwar wieder laden, jedoch ist das unfreiwillige Ausschalten durch eine leere Batterie schon fast einem Tod gleich. Mit “Short Live”, einer noch nicht abgeschlossenen Arbeit, deren Entstehungsprozess auf Dries Depoorters Website mitverfolgt werden kann, wird der Faden vom Handyakku zur Lebensbatterie weiter gesponnen. Indem man einen Fragebogen ausfüllt, wird die Lebenserwartung und die bereits zurückgelegte anteilsmässige Lebenszeit berechnet. Eine hübsche Holzuhr zeigt anschliessend an, wie viel Zeit statistisch gesehen noch vom eigenen Leben übrig ist. Die Arbeit zeigt die Absurdität des Versuchs, stets alles zu quantifizieren. . Etwas so unvorhersehbares wie Lebenszeit wird statistisch ausgewertet und den Benutzenden tagtäglich angezeigt. Das Fortschreiten der Zeit und des Lebens ist eine Selbstverständlichkeit, die normalerweise punktuell spürbar ist. Mit dieser Arbeit wird die nichtssagende Tatsache plötzlich jeden Tag vor Augen geführt. Schräg mutet diese Arbeit an, da der Tod vor allem in jungen Jahren durchaus plötzlich kommt und die statistische Lebenserwartung einem Individuum doch sehr wenig bringt. Interessant ist, ob der Bezug zum Leben und dessen Dauer sich durch den Besitz einer solchen Holzuhr ändert. Wird das Leben anders genossen? Entsteht ein Druck, die ständig kürzer werdende Zeit möglichst optimal zu nutzen?

Die With Me

Die Arbeit thematisiert auch den Geldwert von Zeit. In unserer kapitalistischen Gesellschaft wird Zeit einem Wert gleichgesetzt und je nachdem, wie wertvoll ein Individuum eingeschätzt wird, wird dessen Aufwand, also dessen Zeit, mit mehr oder weniger Geld entschädigt. Dies völlig unabhängig von der Lebenszeit, die einem einzelnen Menschen zusteht. Denn dass eine Person mit wenig Lebenszeit entsprechend höher entlohnt wird, ist nicht gegeben. Paradoxerweise ist es eher umgekehrt.

Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit ist, dass sie aufzeigt, wie selbstverständlich Statistiken oftmals eingesetzt werden und wie fragwürdig sie gleichzeitig sein können. Die Arbeit konfrontiert uns mit einem Wert, der durch seiner Absurdität uns vielleicht auch andere Zahlen kritischer betrachten lässt und sie nimmt den Fokus weg von der Richtigkeit der Zahlen hin zu deren Bedeutung.

Dries Depoorter wird am 1. November 2019 an der ETH in Zürich einen Vortrag halten über seine Arbeiten und zum Thema «Kunst und Informatik». Der Vortrag ist öffentlich. Wo: Universitätsstrasse 6, Gebäude CAB, Raum G11 Zeit: 17.30 – 18.30Uhr

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