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What Are You Worth?

Geld und Technologie gehen Hand in Hand. Viele der heutzutage wichtigen Unternehmen sind Technologiefirmen, seien sie in der Hardware, Software oder im Onlinehandel verankert. Als Individuum scheinen wir davon nur profitieren zu können. Wir erhalten gratis Services, für die wir noch vor wenigen Jahren einiges an Geld ausgeben mussten. Alles wird günstiger, weil wir uns einfacher mit der Person in Verbindung setzen können, die uns den Service anbietet.Dass das alles eine Kehrseite hat, wissen allerdings so gut wie alle Internetnutzer*Innen auch fast so lange, wie sie diese Möglichkeiten nutzen. Die Daten werden gesammelt.

Die Künstlerin Jennifer Lyn Morone Inc ist überzeugt, dass unsere Informationen unser Eigentum sein sollten. Dies war der Auslöser für die Arbeit DOME (Database of me), eine open-source Applikation, die uns zu Eigentümern unserer Daten macht. Mit DOME ist es jedem möglich, abgesichert zu sein, dass die Identität und die eigenen Daten für sich selber gesammelt und aufbewahrt werden. So kann nur die eigene Firma diese verkaufen, leasen, ausleihen, austauschen oder investieren für den eigenen Gewinn. Um kurz auf die Funktionalität von Dome einzugehen: Jedes Stück Information von oder über sich selbst geht durch DOME und wird ein Token Asset in einer Blockchain Plattform mit Smart Contracts. Zusätzlich hat DOME die Funktion “die Plattform”, eine Intermediary auf der Individuen, Communities, Organisationen und Maschinen Wert transferieren können. Es geht darum, sein eigenes Leben als ein Business anzuschauen, seinen eigenen Wert zu kennen, respektive den Wert der verschiedenen zählenden Faktoren.

DOME J.L. Morone
DOME von Jennifer Lyn Morone

Jennifer Lyn Morone nennt ihr Projekt eine Vertretung des “extremen Kapitalismus”. Die US-Amerikanerin, die schon längere Zeit in England lebt, hat aus sich selber eine Firma gemacht, die mit der von ihr entwickelten App DOME alle Daten über sie sammelt und zum Verkauf anbietet. Morone hat ihre Firma in Delaware registriert, da die meisten grossen Tech-Firmen dort ihren offiziellen Sitz haben. Zusätzlich ist Delaware der einzige Staat in den USA, der es einer Person erlaubt, gleichzeitig alle drei bei einer Gründung notwendigen Rollen innezuhalten. Somit ist sie jetzt die Direktor in, Sekretärin und Finanzleiterin von Jennifer Lyn Morone™ Inc. Mit dieser Firma wird ihre Idee real, dass wenn man schon ausgenutzt wird, dann soll man sich doch am besten selbst ausnutzen. Und wenn man schon Wert für jemanden produziert, dann doch am besten für sich selbst. Als Firma erhält sie viel eher einen Platz am Tisch der grossen Diskussionen. In den USA, wie auch in vielen weiteren Ländern haben Firmen nicht nur die Rechte einer natürlichen Person, sondern noch mehr. Dies war ein weiteres Argument, wieso die Gründung einer Firma notwendig war.

Die Website der Firma ist verständlicherweise im Stil einer dystopischen Datenkrake gehalten. Die Titel der Website schreien einem die kapitalistischen Grundwerte entgegen, wie etwa: Life Means Business oder Know Your Assets . Alle zum Verkauf stehenden Werte sammeln sich um die Person der Jennifer Lyn Morone. Es geht darum, wie viel ihre verschiedenen Körperteile Wert sind, wie viel Geld schon in sie investiert wurde, wie viel Wert sie weiter produzieren kann. Die Arbeit von Jennifer Lyn Morone spricht einen Lebensbereich an, der eigentlich mehr thematisiert werden sollte: welche Art von Beziehung führen wir mit den Firmen, die eigentlich alles von uns nutzen und uns konstant überwachen mit dem Versprechen, dass durch unsere Selbstüberwachung unser eigenes Leben ein bisschen einfacher und bequemer wird. Morone kehrt diese Beziehungen und gibt durch ihre Arbeit hoffentlich auch vielen anderen Menschen den Denkanstoss dazu, wie viel hier eigentlich auch zu unserem Nachteil läuft. Die Arbeit ist sehr politisch, dadurch, dass sie ein Gegenstück schafft zu unserer täglichen Ausnutzung und einen Vorschlag macht, was man als Individuum dagegen tun könnte.

Man fragt sich jedoch, was passieren würde, wenn alle Personen ihre eigenen Daten sammeln und zum Verkauf anbieten würden. Ein dystopisches Beispiel für dieses Szenario bildet der Roman Zero von Marc Elsberg. Wenn man bewusst Daten sammelt, um diese zu verkaufen, wie weit würde Selbstüberwachung gehen? Die Diskussion steht immer wieder im Raum wenn es darum geht, ob Krankenkassen mit Hilfe von Apps ihre Prämienzahler*Innen überwachen sollen und ihre Prämien dem Verhalten der Kund*Innen anpassen möchten. Somit würde gutes Verhalten, wie zum Beispiel Sport und gesundes Essen zu vergünstigten Prämien führen, während schlechtes Verhalten wie Rauchen zu einer Verteuerung führen würde. Die Privatsphäre ist durch unsere momentane Datenproduktion, welche für die Prosument*Innen (ein Kofferwort von Konsumenten und Produzent*Innen), also uns Nutzer*Innen wohl eher als Nebenprodukt unserer Aktivität zu verstehen vorgegeben wird, stark beschnitten.

Doch wenn die individuelle Selbstüberwachung plötzlich Überhand gewinnt, und man sich selbst beginnt einzuschränken, nimmt das Leben wohl zwangsläufig andere Formen an. Ein extremes Beispiel dafür zeigt sich ja gerade in China: dort wurde ein Sozialkreditsystem eingeführt, welches gutes Verhalten belohnt und schlechtes bestraft. Sogar die sozialen Kontakte fliessen dabei in das Bewertungssystem ein. Somit müssen Freunde, die einen tiefen Sozialkredit haben, aussortiert werden, falls man ein erfolgreiches Leben führen will.

Auch wenn unsere persönliche Datenproduktion oftmals nicht bewusst und gezielt geschieht (von Sport-Tracking Apps mal abgesehen), werden unsere Daten oft auch benutzt, um uns zu manipulieren. Wir manipulieren uns wegen mangelnder Selbstüberwachung zwar noch nicht selber(oder glauben zumindest daran), aber die personalisierte Werbung, die wir andauernd sehen, verfängt sich in unseren Gedanken und beeinflusst.

Die Arbeit von Jennifer Lyn Morone stellt das Gewohnte stark in Frage. Dieses bewusst- und sichtbar machen ist eine grosse Stärke ihrer Arbeit. DOME repräsentiert die Probleme der letzten und nächsten fünf Jahre in einem Bereich der Technologien wohl so gut wie keine andere Arbeit. Sie regt vielschichtige Diskussionen an und präsentiert gleichzeitig auch einen wunderbaren aber auch fragwürdigen Lösungsansatz, wie wir uns selber schützen und bestmöglich von allem profitieren können.

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Die Schweizer Informatik Gesellschaft SI ist der Verband der Informatikfachleute in der Schweiz.

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